Grace-Period-Gesetz: Unterstützung und Erleichterung bei Unternehmensübertragungen in Österreich
In den kommenden Jahren steht eine Vielzahl von Klein- und Mittelunternehmen (KMU) in Österreich vor der Herausforderung, den Betrieb an die nächste Generation oder an neue Eigentümer zu übergeben. Vor dem Hintergrund dieser demografischen Entwicklung hat der Nationalrat am 15. Mai 2024 das sogenannte Grace-Period-Gesetz verabschiedet, das insbesondere Familienunternehmen eine geordnete und rechtssichere Betriebsübertragung ermöglichen soll.
Hintergrund und Zielsetzung
Bis zum Jahr 2029 werden etwa 50.000 KMU in Österreich eine Unternehmensübergabe durchführen müssen, wobei ein Großteil dieser Übergaben innerhalb der Familie erfolgen wird. Das Grace-Period-Gesetz wurde entwickelt, um diesen Übergabeprozess zu erleichtern und gleichzeitig die Planungs- und Rechtssicherheit für die Übernehmer zu erhöhen. Kernstück des Gesetzes ist die Einführung einer „Grace-Period“, während derer das Finanzamt die Betriebsübertragung begleitet und prüft, um sicherzustellen, dass alle steuerlichen Angelegenheiten ordnungsgemäß abgewickelt werden und schließlich die Übergabe eines „sauberen“ Unternehmens stattfindet.
Die Begleitung der Unternehmensübertragung
Die neue gesetzliche Regelung zur „Begleitung einer Unternehmensübertragung“ wird in den §§ 153h ff der Bundesabgabenordnung (BAO) verankert. Diese Begleitung kann von natürlichen Personen, die Unternehmer iSd § 1 UGB sind, beantragt werden, die ihren Betrieb oder ihre Anteile an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft innerhalb von zwei Jahren an Angehörige iSd § 24 EStG übertragen möchten. Die Antragstellung erfolgt über FinanzOnline und beinhaltet eine Einverständniserklärung zur Mitwirkung sowie zur Offenlegung relevanter steuerlicher Informationen.
Sobald der Antrag genehmigt ist, leitet das Finanzamt eine verpflichtende Außenprüfung iSd § 153j BAO ein, die die letzten fünf Veranlagungsjahre des Unternehmens umfasst, für die bereits Abgabenerklärungen eingereicht wurden. Diese Prüfung soll sicherstellen, dass alle potenziellen steuerlichen Risiken aufgedeckt werden, bevor die Unternehmensübertragung abgeschlossen wird.
Erweiterte Offenlegungspflichten und Auskunftsrechte
Während des gesamten Prozesses der Unternehmensübertragung unterliegen sowohl der Übergeber als auch der Übernehmer erweiterten Offenlegungspflichten. Sie sind verpflichtet, dem Finanzamt unaufgefordert alle Sachverhalte offenzulegen, die für die Übertragung relevant sind und bei denen ein Risiko besteht, dass sie abweichend beurteilt werden könnten. Diese Transparenz dient dazu, spätere Konflikte mit der Finanzbehörde zu vermeiden und die Rechtssicherheit für beide Parteien zu erhöhen.
Zusätzlich verpflichtet das Gesetz das Finanzamt, dem potenziellen Übernehmer auf Anfrage Auskünfte über bereits verwirklichte oder noch nicht verwirklichte steuerliche Sachverhalte zu erteilen. Dies soll sicherstellen, dass der Übernehmer ein vollständiges Bild der steuerlichen Situation des Unternehmens erhält, bevor er die Verantwortung übernimmt.
Weitere Erleichterungen und Regelungen
Neben der Begleitung der Unternehmensübertragung beinhaltet das Grace-Period-Gesetz weitere Erleichterungen, die den Übergabeprozess vereinfachen. So entfällt beispielsweise die Pflicht zur Vorlage eines aktuellen Firmenbuchauszugs für den Gewerbeanmelder. Stattdessen erfolgt die Validierung der notwendigen Daten durch die Behörde selbst.
Im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) wird eine wichtige Änderung eingeführt: Die Mitteilung über die Bestellung einer Sicherheitsvertrauensperson an das Arbeitsinspektorat kann nun innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach der Betriebsübernahme erfolgen, anstatt unmittelbar nach der Bestellung.
Inkrafttreten und Ausblick
Das Grace-Period-Gesetz tritt am 1. Januar 2025 in Kraft, wobei die Änderungen im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz bereits rückwirkend zum 1. Januar 2024 wirksam werden. Während der Begutachtungsphase wurden bereits einige Verbesserungsvorschläge eingebracht, und es ist möglich, dass weitere Anpassungen vorgenommen werden, bevor das Gesetz vollständig umgesetzt wird.
Dieses Gesetz stellt einen bedeutenden Schritt zur Unterstützung der Unternehmensnachfolge in Österreich dar. Es bietet insbesondere Familienunternehmen, aber auch langjährigen Mitarbeitern, die das Unternehmen übernehmen, ein hohes Maß an Rechtssicherheit und Planungssicherheit während der sensiblen Übergangsphase.
Stand: September 2024, Haftungsausschluss/ Disclaimer:
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